Im Einkaufszentrum

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Mir ist aufgefallen, dass ich oft über’s Wetter schreibe. Womit mag das zusammenhängen? Vielleicht ist das dieses Phänomen, das beschreibt, dass sich Lehrer in manchen Situationen „kindischer“ verhalten als „normale“ Erwachsene. Sie gleichen sich den Kindern an. Ähnlich gleiche ich mich vielleicht schon den älteren Herrschaften an. Ältere Menschen quatschen gerne über’s Wetter. Und ich schreibe wohl gerne darüber. Generell versuche ich einfach die Situation etwas genauer zu umreißen. Das Wetter spielt tatsächlich eine erhebliche Rolle, denn es steuert zum einen das Licht, zum anderen das Niederschlag. Letzterer steuert wiederum die Zeit, die ich mit der Kamera durch die Gegend laufen und vor allem, wie lange ich die Leute aufhalten kann. Oder ich muss irgendwo rein. Das hatte mich ja in die Bar der letzten zwei Tage gebracht.

Anstatt einfach los zu ziehen möchte ich heute beim Einkaufen jemanden finden – so nebenbei. In der Schlange fällt mir schon ein älterer Herr, der sich super machen würde. Er sieht zwar nicht freundlich aus – vielleicht täusche ich mich ja auch und er ist total nett –  er würde definitiv gut auf einem Photo rüberkommen. Die Einkäufe ins Auto geschmissen und die Kamera gepackt laufe ich meiner Zielperson hinter her. „Guten Tach, ich bin Photograph und photographiere jeden Tag (…)“, ich leihere meinen Eisbrecher herunter. Einen richtig guten Opener habe ich noch gar nicht. Der Mann wirkt für einen Sekundenbruchteil gar nicht mehr so unfreundlich. Dann winkt er ab. Winkt einfach ab! Und geht. Dieser schroffe Move in Verbindung mit der Melancholie des gestrigen Tages und den Nachwirkungen der nächtlichen Drinks sorgen bei mir für eine tiefgehende, aufrichtige, unerklärliche Traurigkeit. Ich bin heute Abweisungen diesen Ausmaßes nicht gefeiht. Werde ich es denn jemals wieder schaffen, jemanden zu photographieren?

Ich ärgere mich noch ein bisschen über mich selbst und 10 Minuten später bin ich in einem Einkaufszentrum, in dem mir direkt ein älteres adrettes Pärchen auffällt. Gebeutelt von der ersten Abfuhr, habe ich wieder Annäherungsrespekt: Eine Nervosität, die man vielleicht kennt, wenn man schon einmal jemanden mit romantischen Hintergedanken auf offener Straße angquatscht hat. Auch wenn es hier nicht um ein Date geht, möchte ich ja etwas von den Menschen, die ich anspreche: Einen Augenblick. Den möchte ich festhalten. Eine Absage trifft mich derzeit noch schmerzlich. Ein dickeres Fell, ist daher wahrscheinlich auch Teil des Outcome von 5050505050+. Genug gejammert. Ich gehe schnurstracks auf den Herren zu und wähle meine Ansprache ebenso direkt: „Hallo! Ich würde gerne ein Photo von Ihnen schießen. Darf ich?“ Der Mann ist total verwundert. Seine Frau auch. Er lacht und fragt: „Warum denn ausgerechnet mich?“. Ich erkläre kurz und er erklärt sich bereit. Zu dem Zeitpunkt befinden wir uns noch im Einkaufszentrum und das Licht ist dementsprechend mies. Die beiden kommen aber gerne mit nach draußen, „Rentner haben immer Zeit.“ Auf dem Parkplatz ist das Licht direkt viel besser. Auch der Mann ist viel lockerer. Wie schnell das manchmal geht. Es dauert nicht lange und ich habe ein tolles Photo.

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