Rettung in letzter Minute

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Der Tag ist ziemlich vollgestopft. Da es im Moment so gut läuft, beschließe ich einfach am Abend zur Musikhochschule zu gehen. Dort wird es bestimmt nur so von Musikern, Professoren und stylishen Leute wimmeln, die die Challenge begrüßen und sich darum reißen für mich Modell zu stehen. Auch die Location wird bestimmt der Hit. Ich erinnere mich an das Shooting mit JT in der Musikhochschule, München. Daher wird auch das Zeitfenster von einer Stunde locker reichen! Ich komme extra früher, damit ich die Leute am Sektempfang kennenlernen und ablichten kann, bevor es losgeht.

Kleine Überraschung: Es gibt gar keinen Sektempfang! Und anscheinend auch keine älteren Musiker. Wie dämlich von mir: Das ist die Musikhochschule! Musikhochschüler sind, wie die meisten Schüler, eben selten über 50! Die Suche nach einem Professor, der zu später Stunde noch ein bisschen musiziert ist ergebnislos. Dann spreche ich einen Herren an, der locker Professor sein könnte. Leider sieht man Musikern selten an, dass sie welche sind. Der Herr stellt sich leider als Nicht-Musiker heraus. Er ist der Filmer hier und erzählt von seiner Casablanca. Das scheint ein Medium zu sein, auf das man Videomaterial übertragen kann um es zu schneiden. Er wollte eigentlich nur ein Jahr lang filmen. Nun sind es fünf. Nach China wollten sie ihn mitnehmen. Aber das war ihm zu teuer. Mit den neuen Herzklappen darf er aber eh nicht fliegen. Sehr viel Infos in kurzer Zeit. Und keine Photoerlaubnis. Da hat er nämlich mal Probleme bekommen: Als das Fernsehn da war, hat man ihm unterstellt, er hätte einfach die Kameras ausprobiert. Jetzt steht er unter Beobachtung, sagt er. Filmen dürfe er sowieso nicht. So so. Ich schaue auf die Uhr und blanke Panik macht sich in meinem Körper breit: Fünf vor sieben. Gleich werden die, mittlerweile eingetroffenen, Damen und Herren in den Konzertsaal verschwinden und dort die nächste Stunde nicht mehr herauskommen. „Photographieren Sie den Professor!“. °Gute Idee. Vielleicht hat der ein Instrument oder zumindest einen Dirigentenstab!° Wahrscheinlich würden mich echte Musiker für diese Verunglimpfung töten – vielleicht gibt es aber dieses Wort auch. Der Professor trifft ein. Man sieht ihm leider gar nicht an, dass er Musikprofessor ist. Er sieht aus wie ein ganz normaler Mann. °Ob er überhaupt schon 50 ist?°. Die Frage sollte er mir beantworten, doch natürlich kommt es nicht dazu, denn er ist viel zu beschäftigt. Ich merke wie mir die Zeit wegläuft und beschließe die Location zu wechseln.

Im Theater ist doch bestimmt etwas los. Dort tummeln sich die perfekten Protagonisten: Meist sind sie etwas älter und gut gekleidet. Perfekt. Auch die Location samt Licht machen etwas her! Ich hetze rüber und alles ist fast wie ich es mir vorgstellt habe, nur ist das Theater geschlossen (!). Schon machen sich Zweifel breit. °Werde ich es denn noch schaffen jemanden zu finden?°. Es gibt ein kleine Änderungsschneiderei, in der ein ganz besonderer Herr arbeitet: Mit weißem Haar, Goldketten wie Mr T und nicht weniger Ringen. Dort wird hingehetzt. Wieder zu! Dann fällt mir ein, dass um die Ecke ein neuer Laden renoviert wird. Dort gab es einen älteren Herren und eine tolle rot-weiße Tapete. Hetzen. Enttäuschung! Als ich anfange ziellos durch die Straße zu schlendern, fällt mir ein Kebabladen auf, der zufälligerweise auch Casablanca heißt.. Der Spieß ist dort nicht hinter der Theke, sondern einer kleinen Nische direkt hinter der gläsernen Eingangstür. Das Licht ist interessant. Das wird es! Ich gehe rein und überrumpel den armen Mann mit meinen Informationen. Er geht d’accord und wir versuchen verschiedene Shots. Alles im Kasten. Noch kurz – pro forma –  das Alter checken und weit…. „Was sehe ich so alt aus? Ich bin 48!“. „Nein echt jetzt? Tschuldigung.“ Das ist mir immer extrem peinlich. Ist ja nicht unbedingt höflich, ne? An uns ging eben ein sehr adretter Herr vorbei, der mir irgendwie bekannt vorkommt. Als er wieder aus dem Laden gehen will, hält ihn der Mann am Spieß auf. „Hey, wie alt bist du?“ „54!“ „Perfekt! Ich würde gerne ein Photo von ihnen machen? Haben Sie vielleicht zwei Minuten Zeit?“. „Nein! Ich habe maximal eine Minute und 59 Sekunden Zeit! Heheheheh.“ Das Lachen erinnert mich wieder daran, woher ich den Mann kenne: Das ist doch der Vater von Freunden! Ich habe ihn nur einmal bei uns im Flur gesehen. Da er sich zum Glück nicht an mich erinnert, können wir ein Photo schießen ohne gegen die Regeln zu verstoßen. Der Mann ist sehr sympathisch, hat es aber leider ziemlich eilig. Wir gehen schnell nach draußen, wo ich mich für die Bushaltestellenreklame als Lichtquelle entscheide. Eigentlich lacht er die ganze Zeit – genauso wie seine Kinder – es mag mir nur schwer gelingen das einzufangen! Letztlich schaffe ich es doch. Man erkennt es ohne seinen Mund zu sehen 🙂

Lektion gelernt: Weniger auf eine Karte setzen. Nicht aufgeben.

 

 

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