Meine erste Jagd

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Durch Projekt 5×50+ lernte ich einen Jäger und einen Metzger kennen. Was daraus folgte, war eine Einladung zur Jagd. Heute ist also soweit: Ich nehme zum ersten Mal an einer Treibjagd teil. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet, bin aber immer bereit für Neues, mache mich um 08:00 auf den Weg. Es ist bewölkt. Der Sonntag beginnt erst einmal sehr früh und nicht sehr einladend.

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Man trifft sich an einer Lichtung. Etwa dreißig Herren – meist mittleren Alters – und ein paar Damen sind dort schon versammelt. Zu meiner Verwunderung tragen die wenigsten Jäger grüne Tracht, Hut mit Gamsbart oder Schnurrbart. Es gibt Kaffee aus Thermoskannen und Brezen. Die Atmosphäre ist sehr entspannt und ich werde sehr nett empfangen – abgesehen von ein paar kritischen Blicken, die meine Kamera skeptisch beäugen. Glauben diese Herrschaften etwa, ich sei verdeckter Enhüllungsjournalist?

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Dann wird das Jagdhorn geblasen und eine kurze Ansprache gehalten. Man stellt die Verantwortlichen, die Pächter und die anderen Hauptakteure vor. Teilweise scheint man sich zu kennen, manche sind wohl auch neu in der Runde. Ich habe nicht so ganz gecheckt, wie man hier zusammenkommt. Eine facebook Seite scheint es nicht zu geben. Die Anwesenden werden dann in Jäger und Treiber eingeteilt. Ich gehöre ab sofort zu den Treibern und schließe mich einer der Gruppen an. Wir fahren ein bisschen durch den Wald und steigen dann auf dem Feld aus. Ich bekomme eine Quickeinweisung in die Jagd und werde – zu recht –  wegen meiner (zu) leichten Schuhe verarscht. Jetzt fällt mir auch auf, dass abgesehen von mir,  jeder trägt, was hieb- und stichfest ist und zwar in grellem Neon. Könnte es gefährlich werden?

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Wir steigen aus. Unsere Treiber-Gang umfasst ca. sechs Mann und ebenso viele Hunde, die wie alle anderen, bunte – vornehmlich neon-orangefarbene – Westen tragen. Sie (also die Vierbeiner) gehen alle erst mal – gleichzeitig – schön einen scheißen. Die wissen wohl was kommt! Und, dass Kraft Masse mal Geschwindigkeit ist. Also Geschwindigkeit weniger Kraft beansprucht, wenn die Masse kleiner ist. Ein voller Darm ist unnötiger Ballast und wird daher noch schnell entleert. Man sagt ja auch „sich erleichtern“ (Diese Ausdrucksweise wäre  auch nicht so drastisch gewesen. Aber bei Tieren sagt man ja auch „Maul“).

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Wir stapfen das Feld hinab und langsam lichtet sich die Wolkendecke. Gleichzeitig liegt in der Ferne noch Nebel über der Landschaft. Ein tolles Bild. Es erinnert mich daran, dass ich schon lange einen sonntäglichen Frühmorgenspaziergang vorhatte, bei dem ich schöne Landschaftsfotos mache; Sonnenaufgänge, Blütentau, Nebelschwaden, weite Felder .. Blablabla. Schon ewig vorgehabt. Nie gemacht.

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Während wir durch weitere Felder und Büsche trotten, bekomme ich von einem der Jäger noch eine Quickeinführung in die hiesige Flora. Ihn überrascht und freut es, dass es mich tatsächlich interessiert. Jetzt kenne ich ein paar Bäume und deren Blätter. Gleichzeitig erfahre ich, was für eine Sauerei die Wildschweine auf den Feldern anrichten. Unterwegs treffen wir ein paar der Schützen. Die dürfen oder müssen die ganze Zeit an ihrem Platz stehen bleiben und ballern, sobald ein freigegebenes Tier vorbeischaut.

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Als wir bei einer Riesenbrombeerhecke – einer Dickung – ankommen, wird mir erst wirklich der Nutzen der Hunde bewusst: Die sind klein und flink und passen in jede Hecke rein. Dort scheuchen sie die Sauen auf, die dann den Schützen vor die Flinte laufen. Anscheinend haben die Hunde unterschiedliche Bellsounds, an denen die entsprechenden Wildarten zu erkennen sind.

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Gerade als ich mir das alles so durch Kopfe gehen lasse, stürmt tatsächlich eine Sau aus dem Dickicht! Das Vieh rennt querfeldein. Ich greife zur Kamera. Ärgere mich. Falsches Objektiv! Lege an. Und drücke ab. Zack zack zack zack. Selten drücke ich so oft auf den Auslöser. Dann BANG. Der Typ neben mir ballert auf den Eber! Das ist so fucking laut! Mein Ohr beginnt direkt zu piepsen. Piepst irgendwie immer noch. Ich hab‘ mich fast zu Tode erschreckt! Naja, die Sau rennt weiter und ist zunächst einmal weg. Der Typ freut sich, dass er wenigstens einmal draufhalten durfte.

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Dann geht es weiter durch Wälder und über Wiesen. Ich genieße es total, endlich wieder draußen zu sein. Das Licht könnte kaum besser sein und die Jäger sind alle extrem freundlich, hilfs- und lehrbereit. Im Prinzip umfasst die Lauferei auch den Großteil der Jagd. Wir sind eben die Treiber. Vor der Mittagspause treffen wir dann wieder auf die Sau, die zuvor angeschossen wurde. Mittlerweile ist sie tot. Die tut mir schon irgendwie leid. Doch mit ihrem Ableben und dem anderer war vorher schon zu rechnen, also bin ich nicht überrascht.

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Die Sau muss aufgebrochen (d.h. ausgeweidet) werden, damit sich keine Gase im Innern bilden. Das geht auch ratzfatz und mit nahezu chirurgischer Präzision.  Auf einmal stehe ich vor einer geöffneten Wildsau. Nebendran ihr die Därme, die Leber, der Magen usw. Erst einmal verdammt krass! Obwohl ich normalerweise gar kein Blut sehen kann, ist es hier gar nicht schlimm. Ich wunder` mich über mich selbst. Es fließt auch gar nicht viel Blut. Und was die da aus dem Schwein alles rauskramen, sieht auch einfach so unwirklich aus. Ich merke selbst, wie abstrakt und unangebracht schleimig und widerlich meine Vorstellung von Innereien tatsächlich bis zu diesem Zeitpunkt war. Dann geht es auch schon in die Mittagspause. Die verbringen wir in einer Grillhütte. Es gibt Weckscha mit Lyoner, Gründels, Kaffee und Eierlikörkuchen – einer meiner absoluten Faves!

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Die Fortsetzung der Jagd reicht an den ersten Teil nicht heran. Das Licht ist schlechter geworden, das Gelände deutlich unwegsamer. Auch scheint es weniger Tiere zu geben. Es hetzen zwar ein paar Rehe an uns vorbei, aber sie können nicht in Richtung der Schützen getrieben werden. Immerhin geht es durch einen Fichtenwald. Die geraden, wie Steichhölzer aufgereihten Stämme faszinieren mich irgendwie. Ich will definitiv ein Shooting in einem dieser Wälder machen.

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Es geht nun quer durch den Wald und ich bekomme wieder ein paar Quicktips bezüglich der hiesigen Flora. Echt cool. Als wir schon auf dem Weg zurück ins Auto sind, kommt es noch einmal kurz zu einem Höhepunkt: Einer der Hunde hat ein Reh geschnappt! Ein Jäger befördert es fachmännisch mit seinem Messer in die ewigen Jagdgründe.

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Als letzter Punkt steht das Treffen bei der Fischerhütte auf der Agenda. Hier werden der Schützenkönig und andere Achievers mit Tannenzweigen awarded. Dann spielen wieder die Hörner und es geht über in den geselligen Teil: Zum Kesseltreiben. Jetzt tauscht man sich über den heutigen Tag und das Jagen im Allgemeinen aus. Dann gibt es ein vorzügliches Wildgulasch mit Spätzle und Birne mit Preißelbeeren.

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Ich bekomme noch ein paar Patronenhülsen als Andenken. Insgesamt war es ein wirklich schöner Tag. Es war gut, endlich wieder so viel Zeit an der frischen Luft zu verbringen.

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Comments 2

  1. Klein F.G.

    ..Na ja — wenn das so war …
    in Frankreich wäre das so nicht möglich gewesen -dort sind die Sicherheitsvorschriften viel schärfer und dort
    gibt es – im Gegensatz zu Deutschland – eine Jagdpolizei , die vor jeder Treibjagd informiert werden muß und die
    die Gültigkeit der Jagdscheine und die Waffen kontrolliert und -ganz wichtig ! – ob alle eine gültige Versicherung
    vorzeigen können. usw usw – also einfach loslaufen ist nicht . und nach dem Schuß ist viel zu beachten !Das
    angeschossene Tier einfach laufen lassen führt unter Umständen zum Verlust der Jagdberechtigung ..
    Ich habe die deutsche und die französische Jägerausbildung und bin aus Überzeugung französischer Jäger…
    Waidmann’s Heil !

    1. Post
      Author
      Maurice Etoile

      Hallo Jagdfreund! Besten Dank für Ihren Kommentar. Ich bin mir der Regularien nicht bewusst, kann Ihnen aber bstätigen, dass hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Es waren nur erfahrene Jäger dabei und es war nicht irgendwo auf freiem Feld, sondern auf der Pacht der Veranstalter. Meine subjektive Schreibweise gibt dem Ganzen wahrscheinlich einen konfusen Touch. Ich hoffe, ich habe das jetzt nicht ungewollt verzerrt dargestellt und die Professionalität der Jäger in Frage gestellt. Auch das Tier ist nicht einfach „krank“ weiter gelaufen, sondern wurde zum nächsten Jäger getrieben, der es dann ja zur Strecke gebracht hat.
      Gerne komme ich auch mal mit Ihnen mit, um die französische Seite kennen zu lernen.
      Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende 🙂

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