London? Als mich Gini vor ein paar Wochen fragte, ob wir mit ihren Freunden nach London zur Darts WM fahren wollen, klang das irgendwie sinnvoll (ich bin gerne unterwegs – nur im Moment einfach zu selten) und noch so fern, dass ich einfach zugesagt habe. Jetzt war es „plötzlich“ soweit. Also galt es ein paar Weihnachtsfeiern abzusagen und zu erklären, dass wir – wider der Vorstellung von asiatischen Inseln und Stränden, hochsommerlichen Temperaturen und frischen Kokosnüssen – doch tatsächlich auf die regnerische Insel fliegen, um alternde Herren beim Kneipensport zu beobachten. Übrignes: Ich habe absolut keine Ahnung von Darts.
Freitag ging es los von Luxemburg nach Gatswick und von dort weiter mit dem Zug. Das klingt so einfach. Es dauert im Endeffekt aber doch fast nen ganzen Tag, bis man am Hotel ankommt. Den Samstag verbringen wir bei beschissenem Wetter in Camden Town – wie gebucht. Hier gefällt’s mir, auch wenn es regnet. Es ist schon etwas her, dass ich hier war und trotzdem hat sich wenig verändert. Sogar der Donutstand ist immer noch an der selben Stelle! Man scheint aber keine Bundeswehrparker mehr zu bekommen.
London: Camden Town – ein paar Eindrücke
Auf zur Darts WM in London!
Nach der Camden Tour lege ich die Cam ab, weil wir nicht sicher sind, ob wir sie mitnehmen dürfen. Leider! Auf dem Weg zum Ally Pally begegnen wir schon einigen berauschten Bekloppten mit demselben Ziel. Wir haben Masken dabei und hier sind viele sind komplett verkleidet – z.B. als Superhelden, Bösewichte oder Nikoläuse. Langsam bekomme ich das Gefühl, das hier könnte verdammt witzig werden! Wir gehen in die pompöse Location. Hier wimmelt es von Wahnsinnigen 🙂
Weiter in die Halle des Geschehens. Die Höhle des Löwen. Man hört schon das Gegröle! Und auf einer kleinen Bühne am vorderen Ende des Raumes wird Darts gespielt. Davor in der Mitte reihen sich wie beim Oktoberfest die Tische. Sie sind umgeben von den Rängen, auf denen wir auch unsere nummerierten Plätze finden. Ich checke noch nicht wirklich, was hier los ist. Und hier ist verdammt nochmal der Teufel los! Die Stimmung ist eine Mischung aus Oktoberfest, Karneval und Fußballspiel. Nur ohne die obligatorischen Kloppereien. Es gibt jedoch eine Art Pseudorivalität zwischen den Rängen und den „tables“. Die äußert sich durch wiederkehrende Verarschungschöre „Boring boring tables!“. Dann wird aber schnell wieder zusammen gesungen, damit sich alle wieder feiern und vor allem anstoßen können „Stand up – if you love the(m) darts“ – zur Melodie von „Go West“ bzw. „Steh’ auf wenn du auf Bayern/Schalke/Fußball stehst“. Ich habe mittlerweile fast schon mehr Ahnung von Darts als von Fußball.
Ähnlich wie in dem Video vom Einmarsch hier unten. Nur scheint es da noch sehr früh zu sein, fast schon zurückhaltend zeigt sich die Meute.
Soweit so gut. Als Zuschauer hat man jetzt folgende Aufgaben: Sich gnadenlos abzuschießen, gröhlen und absolut auszurasten, sobald ein Spieler 180 Punkte geworfen hat (das ist die maximale Punktzahl, die man mit drei Würfen erreichen kann 180 = 3 x dreifache 20). Das Spiel ist aufgeteilt in Legs und Sets. Wie genau, kann man hier nachlesen. Ist auch scheißegal, denn das Publikum ist eh unparteiisch. Hauptsache man kann auf irgendwas anstoßen. Treffer, Nichttreffer, Beinahetreffer, usw.
Eine Tradition, die schleunigst in Deuschland Fuß fassen muss, drängt sich einem nahezu auf: Christmas Jumpers! Also Pullis mit Weihnachsmotiven.Fast jeder, der nicht verkleidet ist, hat hier zumindest einen dieser Pullis an. Die Vielfalt der Motive ist genau wahnsinnig wie genial. Gini und ich müssen das dokumentieren! Die Engländer sind verblüfft, denn für sie gehört diese Oberbekleidung schon lange zum Fest dazu. Sie freuen sich, dass wir so viel Spaß daran haben und am Ende des Abends haben wir beide jeweils ein eigenes Exemplar.
Eine Auswahl an Christmas Jumpers in London
Meinen bekomme ich von einem Dude an dessen Tisch ich total willkommen geheißen wurde – zumindest von den vermeintlichen Chefs. Es sind zwei Brüder, die eine gewisse Anführer-Aura haben. Wenn die den Mund aufmachen, hören ihre Vasallen mit Ihrem Quatsch auf und Ihnen direkt zu.
Der Typ meint, sie wären irgendwelche wahrscheinlich guten Fußballspieler (gewesen?). Abgesehen von ein paar Hassblicken und stichelnden Kommentaren seitens der Speichellecker um die Fußballbros ist es hier wirklich sehr angenehm. Hier unten wird aus Pitchern kein Bier sondern Jack Cola getrunken. Daher auch das Level!
Dass ich den Jumper bekomme ist natürlich der absolute Hit. Der Rückweg ist natürlich recht beschwerlich, da wir bis zur letzten Minuten geblieben sind und uns nun – im Regen – belagert von besoffenen Englischen Darsfans zur Tube durchschlagen.
Sightseeing-Sunday in London
Sonntag ist dem Sightseeing verschrieben. Zuerst gehen wir in die National Portrait Gallery. Bei manchen Fotos und Gemälden bin ich extrem geflashed, weil ich sie so gut finde, bei anderen, weil ich einfach nicht verstehen kann, wie sie es bis hier an die Wand schaffen konnten! Witzig: Ich habe über Flickr einen Fotografen hier aus der Nähe getroffen. Tmothy gesellt sich zu uns und wir verlieren uns in endlosen Gesprächen über Fotografie, unsere Pläne und dass wir definitiv ein Projekt zusammen machen sollten. Das werden wir auch noch! Dabei klappern wir die üblichen Landmarks ab, gehen kurz im Dungeon vorbei, drehen eine Runde im London Eye und runden den Abend mit einer Ramen im Waggamammas ab. Auf dem Heimweg verlaufen wir uns ein bisschen und schaffen es gerade noch den letzten Bus zum Hotel zu bekommen.